1878 bis 1900

Als am 22. Oktober 1878 30 Männer in den Neuhausener Rathaussaal kamen, um ihre Bereitschaft anzuzeigen, bei der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr mitzumachen, war das keine Pioniertat: Längst gab es im Umkreis Freiwillige Wehren, während die Neuhausener im Brandfall darauf vertrauen mussten, dass es gelinge, die „Pflichtigen“ Wehrmänner auch wirklich zusammenzutrommeln. Diesen unbefriedigenden Zustand erkannten nicht nur der damalige Bezirksfeuerlöschinspektor, sondern auch Bürger der Gemeinde: Schultheiß Gustav Beron konnte im Verein mit Oberlehrer Grimm, dem Kaufmann Balluff und dem Baurat Fischer etliche Männer überzeugen, dass es allemal besser und ehrenvoller sei, freiwillig zur Spritze zu greifen, als jedes Mal das Risiko einzugehen, dass die Brandbekämpfung schon daran scheiterte, dass kein „Pflichtiger“ aufzutreiben war. Jedenfalls: Alle 30 Erschienenen, so verzeichnet die erst im nachhinein, im Jahre 1905 angelegte Chronik, traten spontan in die Feuerwehr ein. Als Kommandant wählten sie den Maurermeister Josef Maier, ein Mann, der durch seinen Beruf prädestiniert für den Posten war.

Im ersten Führungskader der Freiwilligen Feuerwehr waren außerdem vertreten: Der Zimmermeister Maier, der Hirschwirt Kail, der Rößleswirt Fritton, Josef Fuchs und der Lehrer Nieder. Ein wichtiger Posten war auch der des Hornisten, von denen in der mit wenig Systematik geschriebenen Feuerwehrchronik der Bockwirt Schmid genannt ist. Als die Personalien geklärt waren, begann die Feuerwehr mit dem, was ihr damals offenbar als wichtige Voraussetzung für den Kampf gegen den „Roten Hahn“ erschien: Es wurde exerziert. Das klappte wunschgemäß, wenn auch der damalige Chronist tadelnd vermerkt, dass es in den Reihen der Wehr Leute gäbe, „die sich keiner Disziplin fügen wollen“. Aber auch für die Ausstattung wurde etwas getan: Eine Spritze, übernommen von der Pflichtfeuerwehr war schon da; dazu wurde eine zweite erworben und örtliche Handwerksmeister fertigten Hilfsgeräte.

Am 16. Mai 1879 hatte die Feuerwehr erstmals  hohen  Besuch:  Landesfeuerwehrlöschinspektor Großmann kam und äußerte sich recht anerkennend über die Leistungen der jungen Wehr. Aber noch ein anderes, gewiss genau so aufregendes Ereignis wird aus jener Zeit berichtet: Der hochwürdige Herr Oberkirchenrat von Schott spendete der Kasse den damals gewaltigen Betrag von 300,- Mark – die erste Standarte wurde davon angeschafft. Am 6. Juli 1879 war deshalb ein großes Fest.

Ihre „Feuertaufe“, so der damalige Kommandant Maier, erlebte die Wehr dann am 16. Dezember 1879. Beim Schuster Bolz in der Seegasse brannte ein Anbau bis auf den Grundstock nieder. Die Wehrmänner mussten bei 18 Grad minus deshalb zumindest versuchen, das Haupthaus zu retten. Das war schwer: Alle Leitungen waren eingefroren, und die Spritze musste fortwährend mit heißem Wasser aufgetaut werden, um sie wieder gebrauchsfähig zu machen. Vier Jahre blieb Neuhausen von jeglichem Brand verschont; 1881 wurde einmal „Nachbarschaftshilfe“ in Denkendorf geleistet. 1883 wurden die Wehrmänner wieder alarmiert; es brannte in der Ziegelhütte Gugel in der Kirchstraße; die Scheune brannte ab, den größeren Rest konnten die Floriansjünger vor dem Feuer bewahren. Sie waren freilich auch besser ausgerüstet als je zuvor. Der Wagnermeister Fuchs hatte eine Anstelleiter gefertigt und die Gemeinde für ihre Wehr einen Wasserbehälter samt Wagen angeschafft.
1884 kam es zum ersten Kommandowechsel. Nach dem Besuch des Feuerwehrtags in Heilbronn legten Kommandant Maier, sein Adjutant Fuchs und der Steigerleutnant Preißer ihre Ämter nieder. Die Feuerwehr – wahlberechtigt war damals nur die Führungsgruppe der Zugführer – verpflichtete Karl Kail als neuen Kommandanten und als dessen Stellvertreter,  Christian Walter.
Die Wahl erwies sich bald als überflüssig: der württembergische König verfügte, die eben überall gegründeten Freiwilligen Feuerwehren wieder abzuschaffen und statt dessen Pflichtfeuerwehren einzurichten. Dies geschah natürlich auch in Neuhausen – der majestätischen Weisung, ob weise oder nicht, mochte sich niemand entgegenstellen. Indes blieb die freiwillige Steigerabteilung erhalten, wohl auch, weil man sicher ahnte, dass ein „Pflichtmann“ sich gewiss davor drücken würde, sein Leben in unmittelbarer Nähe eines Feuers auf der hohen Leiter zu riskieren. Karl Kail blieb Kommandant. Er war es auch, unter dessen Führung die Wehr vom königlichen Ministerium öffentlich belobigt wurde.
Ausgerechnet die Neuhäuser waren’s nämlich, die bei einem Großbrand 1887 in Scharnhausen als erste am Brandplatz waren. Im selben Jahr, am 17. September, wurde dann noch einmal alles von den Spritzenmännern abverlangt. Die Doppelscheuer vom Bauer Lang und der Farrenstall brannten fast 24 Stunden lang und ebenso lange war die Wehr am Brandplatz, was Kommandant Kail zur Bemerkung veranlasste, dass sich die „Feuerwehr hier ihren Namen verdient hat“.
Der „verdienten Feuerwehr“ unterliefen allerdings auch Missgeschicke. Als man zum Beispiel 1889 nach Wolfschlugen fuhr, wo man bei einem Brand eingreifen sollte, brach auf dem Verbindungsweg zwischen beiden Dörfern der Steigerwagen zusammen. 1889 musste Karl Kail seinen Kommandantenhut nehmen; das Oberamt bestätigte seine Wiederwahl nicht. Aus welchen Gründen, ist in der Chronik nicht verraten. Franz Bauer wird neuer Chef der Pflichtfeuerwehr, die alle Männer im wehrfähigen Alter an die Spritze rufen kann.
Aber auch Bauer blieb nicht lange – er wurde schon 1894 durch den Schreiner Josef Fuchs abgelöst. 1903, zum 25 jährigen Bestehen konnte dieser immerhin feststellen, dass der Ruf der Wehr schon so weit reiche, dass man oft nach auswärts gerufen werde, weil die Neuhäuser Feuerwehr allgemein als „tüchtig“ gelte. 1905 vermeldete Fuchs stolz einen Geschwindigkeitsrekord. Nachdem man per Telefon nach Wolfschlugen gerufen wurde, war man bereits eine halbe Stunde später auf dem Brandplatz. Damals erhielt die Wehr übrigens ihre erste, von Hand zu bedienende Saugdruck-Spritze.

1900-1942

1906 war ein wichtiges Jahr für die Feuerwehr. Es galt zum einen, einen großen Brand im Dachstock des Anwesens von Josef Herzog zu löschen, zum anderen begann in Neuhausen die „moderne Zeit“. Der Gemeinderat entschloss sich zum Bau einer Wasserleitung, ein Umstand, der für das Feuerlöschwesen geradezu eine Revolution bedeutete. Bisher musste man entweder darauf vertrauen, dass es in der Nähe eines Bachs brannte, oder das Löschwasser musste höchst umständlich in Bottichen herantransportiert werden. Jetzt übten die Wehrmänner an Hydranten und als 1906 der Feuerwehrinspektor Blessing in den Ort kam, fiel seine Anregung, doch wieder die Feuerwehr auf freiwilliger Basis zu gründen, auf fruchtbaren Boden. Im November war es dann so weit. Landesfeuerlöschinspektor Gmehlin kam zu einer Versammlung in den „Saalbau Fuchs“ und erklärte, was notwendig sei, um wieder den Status „Freiwillige Feuerwehr“ erhalten zu können. Er forderte 100 Freiwillige, drei Hydrantenwagen und eine Spritze. Die Technik war vorhanden und die notwendigen Leute meldeten sich- dazu wurde noch eine Schiebeleiter, Fabrikat Magirus und Lieb, angeschafft.

Die neue Freiwillige Feuerwehr wurde am 14. April 1907 offiziell eingetragen und als Kommandant fungierte weiter Josef Fuchs, und Christian Walter blieb Adjutant. Schon 1908 konnte Fuchs vermelden, dass „unsere Feuerwehr gut ausgerüstet dasteht“. Dazu gehörte nicht nur die Anschaffung von 35 neuen Uniformröcken, sondern auch der Umstand, dass wegen des entlegenen Spritzenhauses im Ort, drei Hydrantenstationen gebaut wurden, um schnell eine Brandstelle erreichen zu können. 1909 zeigte dann der Kommandant Fuchs Rücktrittsabsichten; seinen Wehrmännern vertraute er an, dass 25 Jahre Feuerwehrdienst und 16 Jahre Kommandantentätigkeit doch wohl lange genug seien.
Indes blieb Fuchs noch, bis er 1911 endgültig mit seinem Adjutanten Walter ausschied. Übrigens nicht, ohne zu vergessen, einen dreifachen Hochruf auf „unseren gnädigsten Landesvater König Wilhelm“ auszubringen. Bei den notwendigen Neuwahlen gab’s Schwierigkeiten. Ein Namensvetter des bisherigen Kommandanten, Josef Fuchs, wurde vom Gemeinderat nicht als Wehrführer bestätigt, weil er auswärts wohnte. Bei den darauf folgenden Neuwahlen wurde dann Anton Lang neuer Kommandant, Anton Mayer Stellvertreter. Von der Gemeinde erhielt die neue Wehr die Zusicherung, man werde künftig pro Jahr 100 Mark aus der Kommunalkasse zur Pflege der Kameradschaft zuschießen und ebenfalls 1911 wurde beschlossen, Mitgliedern, die zur Musterung gingen, eine Mark zu spendieren.
Nach wenig ereignisreichen Jahren, traf 1914 die große Politik auch das kleine Dorf Neuhausen. Der erste Weltkrieg brach aus. Fast alle Mitglieder des Kommandos mussten die Feuerwehrspritze mit der Waffe vertauschen. Noch im Oktober, kurz nach Kriegsausbruch, erreichte die Zurückgebliebenen eine Trauernachricht. Die Wehr hatte ihren ersten Gefallenen, Otto Müller, zu verzeichnen. 1915 wurde dann beschlossen, den Kameraden im Felde Liebesgabenpakete zu schicken. Ins Feld musste in diesem Jahr, in dem man auch einen Brand beim Privatier Karl Josef Ruf in der Kirchstraße zu löschen hatte, auch Kommandant Anton Lang und sein Adjutant – die führungslose Wehr behalf sich, indem sich noch einmal das bewährte Gespann Fuchs/Walter kommissarisch als Wehrführer bestellte, die bereits 17 Jahre an der Spitze gestanden hatten.
In der Heimat ereignete sich freilich nicht allzu viel und 1917 notierte gar der Wehr-Schriftführer: „Das Jahr war für die Feuerwehr ein untätiges“. Eine schwere Zeit begann für die Freiwillige Feuerwehr nach dem Krieg. Auf den Fildern bemerkte man die politischen und vor allem wirtschaftlichen Folgen – der zurückgekehrte Kommandant Lang klagte jedenfalls 1919, dass „infolge der Revolution niemand sich mehr unters Kommando ordnen will“, und dass schleunigst Abhilfe geschaffen werden müsse. Vom Schultheißenamt kam keine Unterstützung, wie Lang erbittert vermerkt „und so muss alles beim alten bleiben“. Den Gemeindeoberen war die Wehr damals zusätzlich gram, weil die erste Besichtigung nach dem Krieg durch den Feuerlöschinspektor Hornung ohne Vorbereitung stattfinden musste. Kommandant Lang machte für ein mögliches Misslingen der Schau sofort die Verwaltung verantwortlich, aber es war dann doch halb so schlimm. Der Wehr gelang eine Übung, „die in allen Teilen als gelungen zu bezeichnen ist“.
Der Kleinkrieg mit der Kommunalverwaltung ging indes munter weiter. Als ins Gerätehaus neben die Spritze und die Steigleiter  der  Ortsleichenwagen  gestellt wurde,  nannte Kommandant Lang dies „einen Unfug“ und protestierte. Schultheiß Haas reagierte jedoch nicht. Im gleichen Jahr drohte Lang mit der Amtsniederlegung und seine Männer mit der Einstellung ihrer Übungen. Ihnen missfiel, dass die Feuerwehrabgabesatzung überhaupt nicht geregelt war, und die Gemeinde Nichtdienende nicht veranlagte. 1921 wurde jedoch mit dem neuen Amtsverweser Volk und dessen Nachfolger, eine Einigung erzielt; es wurden Listen angefertigt, die die Grundlage bildeten, von Nicht-Wehrmännern wieder Zwangsbeträge zu verlangen. Friedlich blieb’s freilich nicht: Im selben Jahr schrieb ein Gemeinderat einen Leserbrief im „Filderanzeiger“ und berichtete darin wenig Rühmliches über die Wehr. Diese fröne mehr der Kurzweil als der Brandbekämpfung, lasen die Filderbewohner damals. Das wollten die Wehrmänner nicht auf sich sitzen lassen. In einer turbulenten Feuerwehrversammlung wurde nicht nur die Rücknahme der Vorwürfe verlangt, sondern auch gefordert, der Ratsherr möge der Wehr auch gleich noch 300 Mark als Sühnegeld zukommen lassen. Werde diese Forderung nicht erfüllt, stelle die Freiwillige Feuerwehr ihre Tätigkeit zum l. März 1922 ein.

So kam’s dann auch: Weder nahm der nach Ansicht der Feuerwehr lügenhafte Ratsherr seine Anschuldigung zurück, die mittlerweile auch von anderen Männern des Ratsgremiums geteilt wurde, noch wurde die Eintreibung von der Gemeinde ernsthaft betrieben. Am 3. März beurkundete, so zeigt’s die Chronik, der Schultheiß die Auflösung der Freiwilligen Feuerwehr und im Juni wurde dann – zum zweitenmal in der Geschichte – wieder eine Pflichtfeuerwehr gegründet.

Kommandant wurde Robert Moser, Adjutant Gebhardt Balluff. Die beiden schafften es, dass bald die Atmosphäre wieder ruhiger wurde. Schon am 15. April wurde die Freiwillige Feuerwehr wieder gegründet und die beiden Pflicht-Kommandanten in ihren Ämtern bestätigt. Der Feuerwehrfriede war auch notwendig. Immerhin stand das 50er Jubiläum bevor, das am 1. Juli 1928 mit viel Musik und Begeisterung gefeiert wurde. Gleichzeitig war auch der Bezirksfeuerwehrtag nach Neuhausen verlegt worden, und erstmals konnten die Bürger bewundern, was eine moderne Wehr ausmacht. Die „Weckerlinie Esslingen“ war zu Gast mit ihrer Motorspritze. 1929 verzeichnet die Wehrgeschichte wieder zwei größere Brände. Am 10. Juli wurde, so heisst’s in der Chronik, die Einwohnerschaft in Aufregung versetzt. Vier Gebäude standen in hellen Flammen. Die Feuerwehr, die die Weckerlinie Esslingen zu Hilfe holen musste, konnte die Gebäude von Theresia Lang in der Marktstraße sowie das Wohnhaus und die Scheuer von Friedrich Kranich nicht retten; lediglich das Haus Mayer 2 wurde gerettet. Wie es zum Brand gekommen war, konnte man sich schnell zusammenreimen. Es handelte sich offenbar um Brandstiftung, die freilich endgültig nie aufgeklärt worden ist. Am 16. Dezember brannte die Scheune vom Badmeister Eisele vollständig ab und die Feuerwehrleute hatten größte Mühe bei den Löscharbeiten. Das Publikum zeigte, so hat’s der damalige Kommandant Moser notiert, einen argen Mangel an Hilfsbereitschaft und behinderte die Feuerwehr bei den Löscharbeiten.

In den folgenden Jahren blieb es ruhig in der Gemeinde. Berichtenswert erschienen den Schriftführern lediglich Ereignisse, wie die Visitation durch den Feuerlöschinspektor Gänzle oder ein Feuerwehrball, der am 28. Februar 1928 im „Ochsen“-Saal stattfand.

1936, nach etlichen ruhigen Jahren, investierte die Gemeinde kräftig in ihre Feuerwehr. Es wurde nicht nur das neue Gerätemagazin eingeweiht, sondern die Feuerwehr erhielt auch ihre erste Motorspritze. Auch das Beförderungsproblem wurde geregelt. Der Unternehmer Anton Eisele wurde verpflichtet, mit seinem Lastkraftwagen die Spritze und Mannschaft zu befördern.

1937 wurde auch ein neuer Kommandant gewählt. Albert Maier, der den Titel „Oberbrandmeister“ erhielt. Der Kommandant befand, dass der Feuerwehr musikalische Unterstützung gut tun würde. Er beauftragte Eugen Ernst mit dem Aufbau eines Spielmannszuges, für den als Grundlage bereits Hornisten und Tamboure vorhanden waren. Der Spielmannszug wurde bald populär und gestaltete vor allem nach Kriegsende ein großes Feuerwehrtreffen in Kemnat (1951). Die Feuerwehr wurde, so wollten’s die nationalsozialistischen Machthaber, wieder einmal umkonstruiert. Sie hieß seit 1940 „Feuerlöschpolizei“ – ein Titel, der freilich im mittlerweile ausgebrochenen Krieg und seinen Wirren unterging. Der Krieg prägte bald auch die Tätigkeit der Feuerwehr. Immer mehr Kameraden mussten an die Front und 1940 wurden bereits drei gefallene Wehrmänner verzeichnet. Die „Hitlerjugend“ wurde, um die Feuerwehr nicht völlig funktionsunfähig werden zu lassen, für den Dienst mit der Spritze gegen das Feuer mobilisiert. Eine starke Feuerwehr erwies sich freilich auch als bitter notwendig.